Schielen

Wie entwickelt sich das Sehen im Kindesalter?

Bereits Säuglinge können innerhalb der ersten Lebensmonate ihre Umwelt, allerdings noch sehr undeutlich, wahrnehmen. Die Augenbewegungen sind noch unkoordiniert und es tritt noch gelegentliches Schielen auf. Dieses sollte sich aber bis zum 6. Lebensmonat gelegt haben, sonst ist eine augenärztliche Untersuchung erforderlich!
Hauptsächlich in den ersten zwei Lebensjahren wird das Sehen erlernt und bildet sich die Sehschärfe aus, die auch kleine Details erkennen lässt. Alle Ursachen, die zu einer Schwachsichtigkeit (Amblyopie) führen können, sind daher frühzeitig festzustellen und zu therapieren. Je eingefahrener der Sehprozess ist, umso schwieriger wird es, eine krankhafte Entwicklung rückgängig zu machen!

Was ist Schielen?
Schielen (Strabismus) nennt man die meist dauerhaft oder zumindest zeitweise auftretende Fehlstellung eines oder beider Augen. Beim Schielen treffen sich die beiden Augenachsen nicht in dem fixierten Objekt, sondern an einem anderen Punkt im Raum

Welche Formen des Schielens gibt es?
Man unterscheidet erst in nach ein Begleitschielen, bei dem der Schielwinkel in allen Blickrichtungen annähernd gleich ist, und ein Lähmungsschielen, dass durch den Funktionsausfall (Lähmung) eines oder mehrerer Augenmuskeln zustande kommt. Je nachdem, wie die beiden Augen zueinander stehen, unterscheidet man ein Außen- und Innenschielen, ein Höhen- und ein Tiefenschielen. Von einem Mikrostrabismus spricht man, wenn der Schielwinkel so klein ist, dass das Schielen für einen aussenstehenden kaum sichtbar ist. Wenn nicht immer dasselbe Auge schielt, sondern diese sich abwechseln, spricht man von einem alternierenden Schielen, tritt das Schielen nur zeitweise auf, so spricht man von intermittierendem Schielen.

Welche Symptome ruft Schielen hervor?

Am auffälligsten sind Kinder, die einen starken Schielwinkel haben, also auch offensichtlich für die Eltern und die Umgebung schielen. Leider tritt dies nicht so häufig auf, ein geringfügiges oder gar Mikroschielen ist weitaus häufiger.

Weitere Merkmale für Schielen können sein:

  • Vorbeigreifen
  • häufiges Stolpern und Anstossen
  • Zukneifen eines Auges
  • häufiges Blinzeln und Zwinkern
  • Unlust zu lesen
  • Lesestörungen
  • Augenzittern
  • Schiefhalten des Kopfes
  • Angabe von Doppelbildern
  • Kopfschmerzen

Welche Ursachen hat das Schielen?
Es gibt viele Ursachen für das Schielen. So tritt das Schielen in manchen Familien gehäuft auf, sodass eine erbliche Veranlagung eine Rolle spielt. Weiterhin gibt es Risikofaktoren während der Schwangerschaft und Geburt, die gehäuft ein Schielen nach sich ziehen.
Eine allgemeine Schwächung des Körpers, wie zum Beispiel eine Infektionskrankheit, kann ein Schielen auslösen. Ein sehr häufiger Grund ist eine nicht korrigierte Fehlsichtigkeit, die das Tragen einer Brille erforderlich macht. Immer als Ursache ausschließen muss man organische Erkrankungen des Auges selber, wie z.B. Trübungen der brechenden Medien des Auges (angeborene Katarakt, HH-Trübungen),Verletzungen und Tumoren.

Wann sollte ein Kind zu einer augenärztlichen Untersuchung vorgestellt werden?

  • Sofort
    bei sichtbaren Auffälligkeiten der Augen, wie z.B Augenzittern, Hornhauttrübungen, weißlichen Pupillen, großen Augen oder bei Lidveränderungen, welche die Pupille verdecken (z.B. Hängelider)
  • Mit 6 bis 12 Monaten
    Bei erhöhtem Risiko für Schielen, für Fehlsichtigkeiten und für erbliche Augenerkrankungen. Dies liegt vor bei Frühgeburten, Kindern mit verzögerter Entwicklung, bei Schielen von Geschwistern oder Eltern und bei Kindern aus Familien mit bekannten erblichen Augenerkrankungen
  • Mit 24 bis 36 Monaten
    Alle übrigen unverdächtigen Kinder zur frühzeitigen Entdeckung eines kleinwinkligen Schielens oder von optischen Brechungsfehlern.

Was sind Orthoptistinnen?
Der Beruf der Orthoptistin gehört zur Berufsgruppe der medizinischen Assistenzberufe. Das Wort leitet sich aus dem Griechischen ab: ortho= gerade, opsis= sehen, die Orthoptistin beschäftigt sich also mit dem korrekten, sprich, „geraden“ Sehen. Der Beruf der Orthoptistin ist ein staatlicher anerkannter Beruf und findet an Ausbildungsstätten, die sich an Universitäts-Augenkliniken befinden, während einer dreijährigen Ausbildung statt. Die Aufgabe der Orthoptistin besteht darin, bei der Verhütung, der Erkennung und der Behandlung von Schielerkrankungen, Sehschwächen, des Augenzitterns und deren Folgen mitzuwirken. Weiterhin gehört zu ihrem Berufsfeld die Untersuchung und Rehabilitation von sehbehinderten Kindern und Erwachsenen, die Sehschule umfasst also alle Altersgruppen. Es obliegt der Orthoptistin, in Zusammenarbeit mit dem Augenarzt, die Untersuchung und Behandlung patientengerecht durchzuführen.

Was ist eine Sehschule?
Unter dem Begriff Sehschule versteht man Einrichtungen in Kliniken und Augenarztpraxen, in denen Orthoptistinnen in Zusammenarbeit mit Augenärzten Augenbewegungsstörungen, Sehschwäche und alle damit zusammenhängenden Krankheitsbilder untersuchen und behandeln.

Welche Folgen hat das Schielen für das Sehen?
Wie bereits beschrieben, schneiden sich die beiden Sehachsen der Augen in dem fixierten Objekt. Auf Grund des geringgradig unterschiedlichen Blickwinkels zwischen rechtem und linkem Auge kommt es zwischen diesen zu leicht unterschiedlichen Bildern, die das Gehirn letztendlich zu einem Bild verschmilzt und die Differenz lässt das räumliche sehen entstehen. Beim Schielen sind die Bilder jedoch zu versetzt, als dass sie verschmolzen werden, es entstehen zwei Bilder, Sehen von Doppelbildern. Das kindliche Gehirn kann, da es noch sehr entwickelungsfähig und formbar ist, den Seheindruck des schielenden Auges unterdrücken, um die störenden Doppelbilder zu unterdrücken. Dies führt nach einiger Zeit zur Schwachsichtigkeit (Amblyopie), eines ansonsten organisch gesunden Auges. Wird diese Schwachsichtigkeit nicht rechtzeitig entdeckt und behandelt, so ist sie ab einem bestimmten Lebensalter nicht mehr behandelbar und bleibt lebenslang bestehen.

Eine rechtzeitige Diagnose und Behandlung kann die Schwachsichtigkeit fast immer verhindern bzw. beheben und eventuell sogar zu einem räumlichen Sehen führen. Schielen ist immer eine ernste Erkrankung und wächst sich nie von selber aus! Jedes plötzliche Schielen im Kindesalter bedarf einer umgehenden augenärztlichen Abklärung!

Wie wird das Schielen behandelt?

  • Versorgung mit Brillengläsern zur Korrektur von Brechungsfehlern
  • Behandlung der Schwachsichtigkeit durch Zukleben des besseren Auges (Okklusionstherapie), um das schwächere Auge zum Sehen zu zwingen
  • Eventuell durch eine spätere Schiel-Operation

Wozu dient die Brille?
Durch das Tragen Brille kommt es in etwa der Hälfte des Schielens zu einer deutlichen Reduktion, wenn nicht sogar zu einer vollständigen Beseitigung des Schielens. Bei der Fehlsichtigkeit handelt es sich meistens um eine stärker ausgeprägte Weitsichtigkeit.
Was bewirkt die Okklusionstherapie?

Abkleben des nicht schielenden Auges
Durch die Abdeckung des besseren Auges durch ein Pflaster wird das sehschwache Auge zum Sehen gezwungen und wird während dieser Zeit nicht vom Gehirn am Sehen gehindert. Das Pflaster wird in vom Augenarzt bzw. der Orthoptistin festgelegten Zeitintervallen getragen, die je nach Behandlungserfolg und Schwere der Amblyopie festgelegt werden. Die Okklusionsbehandlung muss über Jahre, mitunter bis zum 12. Lebensjahr und nach erfolgter Operation, fortgeführt werden.

Unabdingbar für den Erfolg der Amblyopiebehandlung ist die Mithilfe der Eltern, die dafür sorgen, dass die Behandlung in den festgelegten Zeiträumen stattfindet!

Wann ist eine Schiel-Operation notwendig?
Wenn der Schielwinkel so groß ist, dass sich keine beidäugige Zusammenarbeit entwickeln kann, sollte die Fehlstellung durch Operation an den äußeren Augenmuskeln beseitigt werden. Mitunter ist die operative Stellungskorrektur Voraussetzung für weitere therapeutische Maßnahmen. Die Operation erfolgt in der Regel dann, wenn das Kind die Brille verlässlich trägt, mit beiden Augen annähernd gleich gut sieht und bei der Untersuchung kooperativ ist. Der beste Zeitpunkt liegt bei gesunden Kindern mit frühkindlichem Schielen im 5. bis 6. Lebensjahr.

Wie wichtig ist die Zusammenarbeit von Eltern, Kind und Augenarzt?
Der Arzt ist, abgesehen von der Operation, bei allen sonstigen Maßnahmen nur erfolgreich, wenn Eltern und Kind zuverlässig bei der Behandlung mitarbeiten. So ist es wichtig, dass das Kind die Brille permanent trägt, die Okklusionspflaster in den festgelegten Zeitintervallen (und auch nicht länger!) trägt, und die Termine zur Nachuntersuchung in der Sehschule eingehalten werden!

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